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Burg

Lenzburg

Ein Ostschweizer Grafengeschlecht begann vor tausend Jahren, die Lenzburg zu erbauen und benannte sich fortan nach seinem Stammsitz. Dem Wappen der Grafen von Lenzburg zufolge bestand die erste Burg aus zwei Steintürmen, von denen der südlichere bis heute erhalten ist. Der letzte Lenzburger, Ulrich IV., vermachte die Burg 1173 Kaiser Friedrich I.

1253 fiel die Lenzburg an die Kyburger, die am Fuss des Burgfelsens die Stadt Lenzburg gründeten. Zwanzig Jahre später kaufte Rudolf I. von Habsburg die Burg, kurz bevor er zum König gewählt wurde. Aus der habsburgischen Zeit stammt das Ritterhaus, einer der grössten gotischen Profanbauten der Schweiz.

Nachdem eidgenössische Truppen einen Grossteil des habsburgischen Aargaus erobert hatten, ohne jedoch die Lenzburg einzunehmen, kaufte Bern die Feste. Ab 1444 verwaltete jeweils ein Berner Landvogt von der Burg aus das Oberamt Lenzburg. Bis 1798 residierten 71 Patrizierfamilien auf dem Schloss und sorgten für dessen Unterhalt. Die meisten erhaltenen Bauten stammen aus der Berner Zeit: die Landvogtei, das Bernerhaus sowie der Nordtrakt.

Als Bern 1528 die Reformation einführte, erhielt die Lenzburg stärkere Wehranlagen. Die Burg lag nahe der Grenze zum katholischen Freiamt. Während des Dreissigjährigen Krieges investierte Bern weiter in die Wehrbauten. Davon zeugen nicht nur die Doppeltoranlage sowie Bastionen im Osten und Süden des Felsplateaus, sondern auch die erste exakte Darstellung des Schlosses von 1624.

Als die Berner Herrschaft 1798 mit der Helvetischen Revolution endete, diente das Schloss einige Monate als Militärspital. Nach der Zeit der Helvetik übernahm 1804 der neu gegründete Kanton Aargau die Lenzburg. Erst zwanzig Jahre später erhielt das Schloss eine neue Nutzung: Der deutsche Pädagoge Christian Lippe leitete bis 1853 ein Internat, das nach Pestalozzis Methode von "Kopf, Herz und Hand" Knaben aus bürgerlichen Familien unterrichtete.

1853 veräusserte der Kanton Aargau das Schloss an einen Zürcher Seidenfabrikanten; dessen Erben verkauften es dem Deutschen Friedrich Wilhelm Wedekind. Der Dichter Frank Wedekind verbrachte seine Jugendjahre auf der Lenzburg.

Bauliche Veränderungen tätigte erst der dritte Privatbesitzer, August Jessup, ab 1896. Er versuchte, den Zustand der Anlage aus dem 17. Jahrhundert wiederherzustellen und gleichzeitig erhöhte er den Wohnkomfort durch Zentralheizung, Elektrifizierung und fliessendes Wasser. Auf Jessup folgte 1911 ein weiterer amerikanischer Grossindustrieller: James William Ellsworth. Dessen Sohn Lincoln plante im Schloss seine Expeditionen zum Nord- und Südpol.

1956 verkaufte die Flugpionierin Marie Louise Ellsworth-Ulmer das Schloss der Stiftung Schloss Lenzburg, die der Kanton Aargau und die Stadt Lenzburg gegründet hatten. Die Stiftung hatte sich zum Ziel gesetzt, das Schloss öffentlich zugänglich zu machen. Sie sorgt seither für den Bauunterhalt und vermietet das Ritterhaus für Anlässe.

1960 bis 2018 beherbergte das Bernerhaus das "Stapferhaus", benannt nach einem der Kantonsgründer, um in Ausstellungen und an Tagungen Gegenwartsfragen zu verhandeln. Nach einer umfassenden Sanierung eröffnete 1987 das Historische Museum Aargau in den Ostbauten des Schlosses seine Ausstellungen. Seit 2007 gehört Schloss Lenzburg zu Museum Aargau.

Die ersten Bauten auf dem Burghügel waren vermutlich aus Holz. Im 11. Jahrhundert kam ein steinerner Turm dazu. Seine Mauerreste liegen versteckt unter dem Boden. Das älteste erhaltene Gebäude ist ein herrschaftlicher Wohnturm, den die Grafen von Lenzburg um 1100 errichten liessen. Der vierstöckige Bau hatte einen Hocheingang, eine Wehrplattform mit Zinnenkranz und nur wenige Fenster. Der Wohnturm steht heute noch. An der Südwand erkennt man zwei rundbogige Aborttüren, heute grosse Fenster.

Um 1170 liessen die Lenzburger den Wohnturm um einen südlich angrenzenden Bau erweitern. Der heutige Südturm war damals nur eingeschossig. Aus der Lenzburger Zeit stammen auch ein Turm im Norden sowie die Burgkapelle im Südwesten des Plateaus. Beide Bauten lassen sich nur in den Schriftquellen nachweisen. Auch der Sodbrunnen dürfte bereits in dieser Zeit entstanden sein; die Trogmauer wurde 1551 erneuert.

Herzog Otto von Habsburg liess um 1340 das Ritterhaus bauen; möglicherweise als Wohnhaus für die Braut seines Sohnes Friedrich II.

Erhalten ist der zweistöckige Saalbau, der nach dem Tod Friedrichs 1344 im Rohbau stecken blieb. Das Ritterhaus war ursprünglich um ein Drittel länger: Im Westen grenzte ein Wohntrakt an die Kapelle.

Ebenfalls um 1340 erhöhten die Habsburger den Südturm um zwei Stockwerke.

Um 1460 liessen die Berner den Nordturm abbrechen und den Windenturm errichten. Er enthält bis heute eine Aufzugswinde. Das Tretrad wurde durch einen Elektromotor ersetzt.

Um 1600 liessen die Berner Stall und Mühle an der Nordmauer zum "Hinteren Haus" ausbauen, dem heutigen "Berner Haus".

Ab 1896 liess August Jessup das Schloss restaurieren. Er orientierte sich dabei am Plan von 1624.1978-1986 sanierte der Kanton Aargau das Schloss umfassend. Dabei galt es, die historische Bausubstanz zu sichern sowie das Schloss einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die Ostbastion wurde ausgehöhlt, um einen Ausstellungs- und Kulturgüterschutzraum einzurichten (heute Museumsshop und Geschichtsatelier). 2018-2019 standen Fassaden- und Dachrenovationen an. Die Schlossmauern wurden Richtung Südwesten restauriert und verstärkt.

  • Baudepartement des Kantons Aargau (Hg.): Schloss Lenzburg. Dokumentation der baulichen Sanierung 1978-1986, Aarau 1988.
  • Dürst, Hans: Schloss Lenzburg, Historisches Museum Aargau. Schweizerische Kunstführer GSK, Bern 1992.
  • Frey, Peter: Schloss Lenzburg. Neue Erkenntnisse zur Bau- und Siedlungsgeschichte. Ergebnisse der archäologischen Forschungen 1979-1984, in: Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins, Bd. 60, Zürich 1987.
  • Neuenschwander, Heidi: Schloss Lenzburg seit der Kantonsgründung, in: Historische Gesellschaft des
  • Kantons Aargau, Bd. 106, Aarau 1994.
  • Niederhäuser, Peter: Die Lenzburg als Fürstensitz, in: Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, Basel 2018.
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